Mehr Planungssicherheit für Integrationsarbeit

Diakonie-Chef Heiko Naß begrüßt die Pläne der Jamaika-Koalition für ein Landesintegrationsgesetz. „Mit dem Gesetz eröffnet sich die Chance, in Schleswig-Holstein eine verlässliche Grundlage für die Integration von Migrantinnen und Migranten zu schaffen“, sagt er. Vor diesem Hintergrund fordert er eine nachhaltige Finanzierung der landesgeförderten Migrationsberatungsstellen. Nur so könne die professionelle Unterstützung und Begleitung von Migrantinnen und Migranten gesichert werden. Darüber hinaus spricht sich Naß für eine Ausweitung des Familiennachzuges aus und kritisiert die Pläne für ein Abschiebungsgefängnis in Glücksstadt.

In ihren Koalitionsvertrag kündigt die Jamaika-Koalition an, Flüchtlinge schneller in die Gesellschaft integrieren zu wollen. Dazu soll noch in dieser Legislaturperiode ein entsprechendes Landesintegrations- und Teilhabegesetz verabschiedet werden. „Dieses Vorhaben unterstützen wir und können dabei gern unsere vielen Erfahrungen in der haupt- und ehrenamtlichen Integrations- und Flüchtlingsarbeit einbringen“, betont Landespastor Heiko Naß. „Dabei sollten der Abbau von Integrationshindernissen sowie eine verlässliche Richtschnur für die weitere Arbeit im Vordergrund stehen.“

Diakonie-Chef Heiko Naß begrüßt die Pläne der Jamaika-Koalition für ein Landesintegrationsgesetz.

Eine maßgebliche Rolle bei der Integration von Flüchtlingen spielen die 60 Migrationsberatungsstellen in Schleswig-Holstein, 20 davon unter dem Dach der Diakonie. Sie beraten die Menschen in rechtlichen, sozialen und gesundheitlichen Fragen und geben Unterstützung bei den Themen Aus- und Fortbildung, Arbeitsplatz, Spracherwerb und Wohnungssuche. Die Finanzierung der Stellen ist jeweils für ein Jahr gesichert und muss dann neu beantragt werden.

„Diese Praxis behindert eine langfristig ausgerichtete Beratungsarbeit“, sagt Michael Frenzel, Fachbereichsleiter Migration und Flüchtlinge bei der Diakonie Altholstein. „Die Integration von Migrantinnen und Migranten dauert meist mehrere Jahre. Genauso lang benötigen sie unsere Unterstützung.“ Aus Sicht der Diakonie wären daher mehrjährige Finanzierungszusagen dringend erforderlich. Auf diese Weise könnten auch die hoch spezialisierten Beraterinnen und Berater besser gehalten werden. Angesichts des zunehmenden Fachkräftemangels fällt es den Migrationsberatungsstellen immer schwerer, qualifiziertes Personal zu finden.

In Schleswig-Holstein wurden seit 2015 rund 50.000 Tausend Flüchtlinge aufgenommen. Dabei ist die Zahl in den vergangenen Jahren stetig zurückgegangen. 2017 waren es nur noch 5.214 Asylerstantragsteller. Neben der Migrationsberatung übernehmen diakonische Einrichtungen an mehreren Orten die Betreuung von unbegleiteten minderjährigen Ausländern. Die Diakonie betreut außerdem zahlreiche Flüchtlingsprojekte und bietet in 14 Kreisen und kreisfreien Städten niedrigschwellige und ambulante Hilfen für Flüchtlingsfamilien an.

Ein wesentliches Integrationshemmnis sind die Beschränkungen beim Familiennachzug für subsidiär anerkannte Flüchtlinge. Das Vorhaben der Bundesregierung, künftig monatlich maximal 1000 Anträge auf Familiennachzug zuzulassen, bedeutet für Schleswig-Holstein, dass nur 35 Flüchtlinge pro Monat Familienangehörige nachholen dürfen. „Nachdem viele Betroffene nun schon seit Jahren auf eine Lösung gehofft haben, sorgt die neue Regelung bei Ihnen erneut für Frust und Perspektivlosigkeit“, so Doris Kratz-Hinrichsen, Fachbereichsleiterin Flucht und Migration beim Diakonischen Werk Schleswig-Holstein. „Damit fällt es ihnen immer schwerer, sich zu integrieren. Wir fordern deshalb die Landesregierung auf, sich für eine Ausweitung des Familiennachzuges einzusetzen.“

Doris Kratz-Hinrichsen fordert eine Ausweitung des Familiennachzuges.

Sehr kritisch betrachtet die Diakonie die Pläne für ein Abschiebungsgefängnis in Glücksstadt. „Die Erfahrungen mit der ehemaligen Abschiebehaftanstalt in Rendsburg haben gezeigt, dass solche Zwangsmaßnahmen wenig dazu beitragen, die Ausreisepflicht von Betroffenen durchzusetzen“, sagt Landespastor Heiko Naß. Außerdem bedeute eine Haft für die oft traumatisierten Flüchtlinge eine zusätzliche psychische Belastung.

Wenn das Abschiebungsgefängnis in Glücksstadt dennoch eröffnet wird, sollten aus Sicht der Diakonie weder Frauen und Kinder noch kranke Menschen und Flüchtlinge mit Behinderung dort inhaftiert werden. Für diese Gruppen sei eine Unterbringung unter Haftbedingungen nicht zumutbar. Außerdem wäre es dringend geboten, in der Einrichtung eine unabhängige Verfahrensberatung zu ermöglichen, damit Inhaftierte ihre Situation überprüfen lassen können. Darüber hinaus empfiehlt die Diakonie, einen Beirat zu etablieren, der Kontakt zu den Inhaftierten aufnehmen kann und die Arbeit in der Abschiebungshaft begleitet.

Statt Zwangsmaßnahmen spricht sich Landespastor Heiko Naß für eine freiwillige unabhängige Rückkehrberatung aus. Dabei soll ausreisepflichtigen Menschen geholfen werden, Perspektiven für eine Existenz in ihrer Heimat zu finden. „Wir würden uns am Aufbau von entsprechenden Rückkehrberatungsstellen in Schleswig-Holstein beteiligen“, so Naß. „Die freiwillige Rückkehrberatung ist wirksamer und für die Betroffenen nachhaltiger.“