„Menschen, die auf der Flucht sind, gehen zunehmend die Optionen verloren", sagt Landespastor und Diakonievorstand Heiko Naß. "Diese unhaltbare Entwicklung beschneidet die Rechte und den Anspruch der Betroffenen auf Schutz und Hilfe. Wir dürfen die Menschen nicht alleine lassen!"
Dagmar Pruin, Präsidentin der Diakonie Katastrophenhilfe und Brot für die Welt: "Vor diesem Hintergrund sind die Pläne der EU für eine Asylrechtsreform nicht nur unmenschlich. Sie verkennen zudem, dass die meisten Geflüchteten schon jetzt vor allem in armen Ländern Zuflucht suchen. Dort steigt der Druck durch unzureichende Versorgung." Kürzungen bei der humanitären Hilfe und der Entwicklungszusammenarbeit wären bei den derzeitigen Haushaltsverhandlungen deshalb das völlig falsche Signal, so Pruin.
In Bangladesch, wo mehr als eine Million geflüchtete Rohingya aus Myanmar leben, mussten die Vereinten Nationen ihre Nahrungsmittelhilfen seit März wegen Geldmangels um ein Drittel kürzen. „Die Geflüchteten leben unter immer menschenunwürdigeren Bedingungen“, beschreibt Tommy Bouchiba, Nothilfe-Koordinator der Diakonie Katastrophenhilfe, die Situation in den Camps. „Dadurch ist ein Punkt erreicht, an dem die Menschen trotz fehlender Sicherheitsgarantien und aller Gefahren eine Rückkehr nicht mehr ausschließen."
Kritisch ist auch die Lage im Tschad. Seit Beginn des Krieges im Sudan sind innerhalb weniger Wochen mehr als 115.000 Menschen in das Nachbarland geflohen. Diese Herausforderung kann der Tschad als eines der ärmsten Länder der Welt nicht alleine bewältigen. Bereits vor dem neuen Konflikt hatte das Land rund 600.000 Geflüchtete aufgenommen, dennoch sind bis Juni erst zwölf Prozent der benötigten Gelder für internationale humanitäre Hilfe aufgebracht worden.
Im Nachbarland Niger versucht die Europäische Union seit Jahren, Fluchtbewegungen in Richtung Europa zu unterbinden. „Die Folgen für Schutzsuchende sind katastrophal“, schildert Andreas Grünewald, Referent für Migration bei Brot für die Welt, die Lage vor Ort. „Die Notleidenden nehmen immer gefährlichere Routen, stranden in der Wüste oder geraten aus Mangel an Alternativen in kriminelle Schleuserhände. Die EU muss damit aufhören, Länder wie den Niger zu Außenposten einer Festung Europa aufzubauen“, sagt Grünewald. Er warnt davor, dass die Sahara zu einem weiteren Massengrab für Flüchtende wird.
Hinweis:
Über die Gefahren für Flüchtende und die drohende Gewalt entlang der Fluchtrouten informiert das neue Online-Tool von Brot für die Welt Mit dem Smartphone auf der Flucht unter www.brot-fuer-die-welt.de/mit-dem-smartphone-auf-der-flucht/. In neun Episoden wird geschildert, wie Migrantiinnen, Geflüchtete und Aktivisten das Smartphone nutzen, um ans Ziel zu gelangen oder um die Rechte von Flüchtenden zu verteidigen. Deutlich wird darin auch, wie Smartphones zunehmend in den Fokus von Behörden und Sicherheitskräften geraten und essentieller Teil einer militarisierten Migrationskontrolle geworden sind.