Im Jahr 2017 haben in Schleswig-Holstein 28.303 Menschen eine Schuldnerberatung aufgesucht. Das sind 3.163 (rd. 11,2 Prozent) mehr als 2016. Die Koordinierungsstelle Schuldnerberatung geht aber davon aus, dass die Zahl der überschuldeten Personen noch wesentlich höher ist, da viele Menschen den Gang zur Beratung scheuen. Die Daten basieren auf den Angaben aller 35 anerkannten Beratungsstellen im Land für das Jahr 2017 und sind daher repräsentativ.
In 40 Prozent der von Überschuldung betroffenen Haushalten leben Kinder. Weitere Kinder sind dadurch betroffen, dass ein getrennt lebender Elternteil überschuldet ist und daher den Unterhalt nicht zahlen kann.
„Kinder aus überschuldeten Familien leben oft mit einer jahrelangen Armutserfahrung“, sagt Alis Rohlf, Leiterin der Koordinierungsstelle Schuldnerberatung. „Gerade jetzt in der Weihnachtszeit ist das für sie sehr bedrückend. Während andere Kindergartenkinder oder Klassenkameraden von ihren Geschenken erzählen, müssen sie oft schweigen.“ Darüber hinaus sind diese Kinder mehr krank. Sie haben geringere Möglichkeiten, an Freizeitaktivitäten teilzuhaben, sowie schlechtere Bildungs- und Berufschancen. „In der Folge wird Überschuldung und Armut oft an die nächste Generation weitergeben“, so Alis Rohlf weiter.
Hauptauslöser für eine Überschuldung ist neben Krankheit, Scheidung und Arbeitslosigkeit die prekäre Einkommenssituation vieler Ratsuchender. „Selbst wenn sie einen Job haben, werden sie zum Teil so schlecht bezahlt, dass jede unvorhergesehene Ausgabe das Budget sprengen kann“, betont Alis Rohlf. „Mit diesem Problem haben vor allem auch viele Alleinerziehende zu kämpfen, die oft in Teilzeit arbeiten oder in schlecht bezahlten Jobs.“
Vor diesem Hintergrund unterstützt die Koordinierungsstelle Schuldnerberatung Konzepte, die das Existenzminimum aller Kinder sichern. „Das Nebeneinander von Kindergeld, Kinderfreibetrag, Kinderzuschlag, Kinderregelsätzen und Pauschalen des Bildungs- und Teilhabepakets ist zu kompliziert und ungerecht“, betont Alis Rohlf. „Von Armut betroffene Kinder müssen unter gleichen Bedingungen aufwachsen wie bessergestellte Altersgenossen. Darüber hinaus sollten Alleinerziehende stärker entlastet werden, indem die Kinderbetreuung gerade an den Tagesrandzeiten verbessert wird.“
Hilfe bekommen überschuldete Menschen bei den 35 anerkannten Beratungsstellen in Schleswig-Holstein. Neben der Schuldenregulierung werden dort auch die persönlichen, familiären und sozialen Lebensumstände in den Blick genommen. Denn Überschuldung ist meist mehr als ein finanzielles Problem. Sie bringt physische und psychische Belastungen mit sich, die von Stress, Versagensängsten, Depressionen bis zu Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Schmerzzuständen reichen. „Daher ist es wichtig, so früh wie möglich eine Beratungsstelle aufzusuchen“, weiß Alis Rohlf.
Wie erfolgreich die Beratungsstellen arbeiten, zeigen Zahlen des statistischen Bundesamtes. Demnach enden 20 Prozent der Beratungen in Schleswig-Holstein mit einer außergerichtlichen Einigung. Das bedeutet, dem Schuldner gelingt es, sich mit Unterstützung einer Schuldnerberatungsstelle mit den Gläubigern zum Beispiel auf eine Stundung, Reduzierung oder ein Erlassen der Forderungen zu einigen. Weitere 42 Prozent der Beratungen münden in einem Verbraucherinsolvenzverfahren, das den betroffenen Menschen einen wirtschaftlichen Neuanfang ermöglicht.