Qualität der Pflege sichern – Finanzierung auf neue Füße stellen

Die Pflegeleistungen in stationären Pflegeheimen sollten komplett von der Pflege- und Krankenversicherung übernommen werden. Das fordert die Diakonie Schleswig-Holstein in einem Grundsatzpapier mit Forderungen für eine bessere Pflege. Demnach ist eine veränderte Finanzierung der Pflege grundlegende Voraussetzung dafür, dass Heimplätze für Pflegebedürftige bezahlbar bleiben. Das gilt insbesondere dann, wenn zusätzliches Personal eingestellt und Pflegerinnen und Pfleger besser entlohnt werden sollen.

 

„Die Altenpflege in Schleswig-Holstein steht am Scheideweg“, sagt Landespastor und Diakonievorstand Heiko Naß. „Der demografische Wandel und der zunehmende Personalmangel stellen die Einrichtungen vor große Herausforderungen. Wenn wir eine flächendeckende Versorgung von pflegebedürftigen Menschen weiter gewährleisten wollen, müssen wir die Rahmenbedingungen anpassen und als Gesellschaft auch für die Kosten aufkommen.“

Die Diakonie hält in der stationären Pflege den Einsatz zusätzlicher Pflegekräfte und eine angemessene Bezahlung nach Tarif für dringend erforderlich. Nur so lässt sich eine angemessene Versorgungsqualität aufrechterhalten. Das allerdings kostet mehr Geld. Da die Pflegekasse aber nur einen festen Zuschuss (monatliche Leistungspauschale) zu den Kosten eines Pflegeheims leistet, werden bislang alle Kostensteigerungen von den Pflegebedürftigen und ihren Angehörigen getragen. In der Folge steigen die Eigenbeteiligungen überproportional. Diese liegen bei den diakonischen Einrichtungen in Schleswig-Holstein zurzeit bei durchschnittlich 1.800 Euro im Monat. Es ist unvermeidbar, dass die Eigenbeteiligungen infolge der jährlichen Kostensteigerungen weiter erheblich ansteigen.

„Davon ganz besonders betroffen sind Einrichtungen, die ihre Mitarbeitenden nach tariflichen Vergütungen entlohnen, und damit in der Regel höhere Gehälter zahlen. Hier liegen die Eigenanteile schon heute deutlich über 2.000 Euro“, so Wolfgang Hauschildt, Finanzvorstand der Stiftung Diakoniewerk Kropp. „Das passt nicht zur politischen und gesellschaftlichen Forderung nach mehr Personal in der Pflege und besseren Vergütungen. Es kann nicht im Sinne der Pflegebedürftigen und ihrer Angehörigen sein, die zusätzlichen Kosten komplett auf die Eigenanteile abzuwälzen. Außerdem werden diese Pflegeheime im Wettbewerb stark benachteiligt.“

„Die Diakonie fordert deshalb von der Landesregierung, sich im Bundesrat dafür einzusetzen, dass künftig in der stationären Pflege die notwendigen Pflegeleistungen aus der Pflege- und Krankenversicherung gedeckt werden“, sagt Landespastor Heiko Naß. „Das würde den Wettbewerb wieder entzerren und zudem mehr Einrichtungen motivieren, auf Tariflöhne umzusteigen.“ Im Ergebnis würden die Pflegebedürftigen und ihre Angehörigen entlastet werden und nur noch Eigenanteile für die Miete, Betriebskosten und Verpflegung zahlen. Für die diakonischen Einrichtungen bedeutet das eine Senkung der Eigenanteile auf rund 1.300 Euro, ein Betrag, der in der Regel zumutbar sein dürfte.

In den meisten Pflegeheimen ist schon heute die Personalsituation sehr angespannt. Kommen Ausfälle durch Krankheit oder Urlaub hinzu, kann teils nur unter großen Anstrengungen eine qualitativ angemessene Versorgung der Pflegebedürftigen aufrechterhalten werden. Angesichts des zunehmenden Fachkräftemangels wird sich die Lage weiter verschärfen.

Aus Sicht der Diakonie muss deshalb noch mehr Energie in die Ausbildung von Fachkräften gesteckt werden. Die im Rahmen der Pflegeberufereform beschlossene generalistische Pflegeausbildung sowie der für Schleswig-Holstein geplante Ausbildungsfonds sind wichtige Beiträge dazu. „Darüber hinaus ist es unabdingbar, dass die Assistenzberufe in der Pflege erhalten bleiben“, fordert Alexander Schreiber, Referent für stationäre Pflege beim Diakonischen Werk Schleswig-Holstein. „Auf diese Weise können auch Menschen mit einfachen Schulabschlüssen für die Pflege gewonnen werden.“ Bislang ist aber unklar, ob in Schleswig-Holstein die Ausbildungsgänge hierfür über die Pflegeberufereform hinaus erhalten bleiben. Die Ausbildung von Pflegehelferinnen fällt in den Zuständigkeitsbereich der Länder.

Um zusätzliche Fachkräfte gewinnen und halten zu können, setzt sich die Diakonie darüber hinaus für bessere Arbeitsbedingungen in der Pflege ein. Dazu gehört neben innovativen Dienstplanmodellen, einem Gesundheitsmanagement und einer besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf vor allem eine bessere, tarifliche Bezahlung. Schon heute zahlt eine Vielzahl der diakonischen Einrichtungen überdurchschnittliche Gehälter.

Unter dem Dach der Diakonie arbeiten in Schleswig-Holstein 75 stationäre Pflegeeinrichtungen mit 5.500 Plätzen. Hinzu kommen zahlreiche ambulante Pflegedienste und Tagespflegeangebote.

Nach Berechnungen des Statistikamtes Nord werden im Jahr 2030 fast 36 Prozent der Menschen 60 Jahre und älter sein. Die Zahl der Hochbetagten steigt bis dahin um 83.500, das ist ein Plus von 53,6 Prozent. Entsprechend wird es mehr Pflegebedürftige geben als heute. Gleichzeitig ist mit einem enormen Fachkräftemangel zu rechnen. Die Bertelsmann-Stiftung geht in ihrer Studie „Themenreport Pflege 2030“ davon aus, dass im Jahr 2030 in Schleswig-Holstein allein in der stationären Versorgung voraussichtlich 15.000 Vollzeit-Pflegekräfte fehlen.