Laut Pflegestatistik des Landes Schleswig-Holstein ist mit einer anhaltenden Zunahme der pflegebedürftigen Menschen zu rechnen. Gleichzeitig besteht schon heute ein Mangel an Pflege- und Betreuungskräften, der sich in den kommenden Jahren weiter verschärfen wird. Auswertungen in diakonischen Pflegeeinrichtungen haben ergeben, dass das Durchschnittsalter des Personals bei 48 bis 52 Jahren liegt und die Krankheitsquoten zwischen 2,5 und 18,7 Prozent schwanken.
„Diese Zahlen sind alarmierend“, warnt Anke Homann, Geschäftsleiterin Soziales im Vorstand des Diakonischen Werkes Schleswig-Holstein. „Wir müssen dringend mehr neue Fachkräfte für die Pflege begeistern und die Arbeitsbedingungen für bestehende Mitarbeitende so verbessern, dass sie länger diesen anspruchsvollen Beruf ausüben können.“ Bereits jetzt ist es für viele stationäre Einrichtungen eine große Herausforderung, die Versorgung der Pflegebedürftigen sicherzustellen. Ambulante Pflegedienste stehen vor dem Problem, Pflegekunden nur noch bedingt zusätzliche Leistungen anbieten zu können, wenn sich ihr Allgemeinzustand verschlechtert. Zudem werden die Wartelisten für neue Pflegekunden immer länger.
Vor diesem Hintergrund verfolgen die diakonischen Pflegeeinrichtungen ganz unterschiedliche Strategien, die Arbeitsplätze attraktiver zu machen. Nach einer Erhebung des Fraunhofer-Instituts für Arbeitswissenschaft und Technologiemanagement in Stuttgart legen Pflegefachkräfte neben einem guten Betriebsklima besonders großen Wert auf verlässliche Dienstpläne, die Freizeitaktivitäten und Zeit für die Familie planbar ermöglichen müssen.
Zahlreiche Einrichtungen testen daher so genannte Teamdienstpläne. Darin geben Mitarbeitende auf freiwilliger Basis an, zu welchen Zeiten sie zum Beispiel bei krankheitsbedingten Ausfällen einspringen können. „Das entlastet die Pflegedienstleitungen und verhindert, dass immer wieder dieselben Mitarbeitenden die Löcher im Dienstplan stopfen müssen“, sagt Christina Renner, Projektleiterin von „DiaDem“.
Wichtiges Thema in vielen Einrichtungen ist außerdem das Gesundheitsmanagement. Krankheitsquoten sollen gesenkt und somit alle Mitarbeitenden länger im Beruf gehalten werden. Im Pflegebereich der Vorwerker Diakonie in Lübeck wurden dazu halbjährliche Gesundheitsgespräche eingeführt. „Dort klären wir gemeinsam mit den Mitarbeitenden, was sie persönlich benötigen, um ihre Arbeit optimal ausrichten zu können“, so Doreen Boniakowsky, Geschäftsbereichsleiterin Pflege und Senioren. „Uns geht es darum, den Mitarbeitenden Wertschätzung zu zeigen.“ Dabei kommen sehr individuelle Belange zur Sprache, beispielsweise familien- und partnerfreundliche Arbeitszeiten oder eine Verbesserung der Feedbackkultur. Im Ergebnis konnten die Motivation gestärkt und langfristig die Krankheitsquoten gesenkt werden.
In der stationären Pflege setzen auch diakonische Einrichtungen zunehmend auf den Einsatz ausländischer Fachkräfte. Sie werden vor allem in Südosteuropa aber auch in China angeworben. „Wir können auf die Unterstützung dieser Menschen nicht mehr verzichten“, betont Anke Homann vom Diakonischen Werk Schleswig-Holstein. „Dabei sind wir uns der hohen Verantwortung gegenüber ausländischen Mitarbeitenden sehr bewusst und müssen immer auch die Situation in den Herkunftsländern im Blick behalten.“
Das Senioren- und Pflegeheim „Haus Berlin“ in Neumünster beschäftigt zum Beispiel fünf Fachkräfte aus Albanien. „Für unsere Einrichtung sind das sehr willkommene Mitarbeitende“, sagt Geschäftsführer Jürgen Büstrin. „Die Beschäftigung ausländischer Fachkräfte ist aber kein Selbstläufer. Wir investieren einiges und tun dies gern!“ Das Haus Berlin unterstützt die zugewanderten Fachkräfte bei der Wohnungssuche, dem Spracherwerb sowie der Integration in das Berufsleben und das Team.
„Verlässliche Dienstpläne, das betriebliche Gesundheitsmanagement und die Beschäftigung ausländischer Fachkräfte sind nur drei Bausteine, mit denen wir dem Fachkräftemangel begegnen“, betont Landespastor Heiko Naß. „Darüber hinaus muss jetzt viel Energie in die Umsetzung der generalistischen Pflegeausbildung investiert werden. Vor allem aber setzen wir uns dafür ein, dass die Arbeit der Pflegerinnen und Pfleger gesellschaftlich stärker gewürdigt wird.“
In Schleswig-Holstein arbeiten 184 Pflegeeinrichtungen unter dem Dach der Diakonie, darunter 75 stationäre, 75 ambulante und 34 Tagespflegeeinrichtungen. Das Projekt „DiaDem“ berät und unterstützt die Einrichtungen bei einer nachhaltigen Personal- und Organisationsentwicklung. Die Erkenntnisse lassen sich aber auch gut auf andere Arbeitsfelder zum Beispiel die Kinder- und Jugendhilfe übertragen. „DiaDem“ wird vom Europäischen Sozialfonds und dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales gefördert.
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Friedrich Keller
Pressesprecher
Diakonisches Werk Schleswig-Holstein
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