„Viel zu viele, auch junge Menschen, unterschätzen das Risiko, das von dem scheinbar verlockenden Angebot ausgeht, etwas im Internet zu bestellen und erst später dafür bezahlen zu müssen. Das Risiko, dabei den Überblick über das eigene Budget zu verlieren und in eine Schuldenfalle zu geraten ist bei diesen Angeboten extrem hoch“, sagt die Leiterin der Koordinierungsstelle Schuldnerberatung Sibylle Schwenk. „Das berichten uns aktuell viele Beratungsstellen.“
Hinzu kommen die teils sehr unübersichtlichen Finanzierungs- und Zahlungsmöglichkeiten der Anbieter, die für die Käuferinnen und Käufer die Grenze zwischen Rechnungskauf und Ratenfinanzierung verschwimmen lassen. Die Zahlung läuft dann häufig über Drittanbieter, bei denen mit dem Kauf unter Umständen sogar ein Kredit abgeschlossen wird. Das wird so jedoch im Kaufprozess nicht klar kommuniziert. Auch Angaben zu anfallenden Zinsen und Gebühren gibt es häufig nicht.
Vor diesem Hintergrund setzt sich die Koordinierungsstelle Schuldnerberatung für mehr Bildungsangebote zu finanziellen Themen beispielsweise an Schulen ein. „Außerdem muss die Präventionsarbeit der Schuldnerberatungsstellen gestärkt werden“, so die Leiterin der Koordinierungsstelle Schuldnerberatung Sibylle Schwenk. „Vorbeugen ist besser als heilen, es erspart vielen Menschen die drohende Armut. Und wenn Menschen in diese Situation geraten – unter anderem durch „Buy Now, Pay Later“-Angebote – müssen sie einen Zugang zur Schuldnerberatung haben. Der darf nicht von örtlichen Regelungen abhängig sein, daher fordern wir einen Rechtsanspruch auf Schuldnerberatung für alle.“
Darüber hinaus muss der Gesetzgeber aus Sicht der Koordinierungsstelle Schuldnerberatung für mehr Transparenz bei den „Buy Now, Pay Later“-Angeboten sorgen. Die Bedingungen zu den Geschäften dürften nicht im Kleingedruckten verschwinden, vor allem wenn es um die Kosten und mögliche Zinsen geht. Diese sollten für alle verständlich unmittelbar vor dem Bezahlprozess erläutert werden.
Mehr Informationen zu den Themen Überschuldung und „Buy Now, Pay Later“ gibt es bei der Aktionswoche Schuldnerberatung in Schleswig-Holstein. Daran beteiligen sich Schuldnerberatungsstellen im ganzen Land, unter anderem mit Online-Schulungen, einem Tag der offenen Tür, Feierabendsprechstunden, Telefonberatungen und Infoständen. Alle Angebote sind zu finden unter: www.schuldnerberatung-sh.de.
In Schleswig-Holstein gibt es insgesamt 35 anerkannte und öffentlich geförderte Beratungsstellen. Sie werden je nach Aufgabenbereich vom Land oder den Kommunen finanziert und erhalten darüber hinaus Unterstützung vom Sparkassen- und Giroverband. Die Koordinierungsstelle mit Sitz in Rendsburg begleitet den landesweiten, trägerübergreifenden Qualitätsprozess, fördert die Schuldenprävention und ist für die Fortbildung verantwortlich.
Überschuldung ist meist mehr als ein finanzielles Problem. Sie bringt physische und psychische Belastungen mit sich, die von Stress, Versagensängsten, Depressionen bis zu Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Schmerzzuständen reichen. Die Schuldnerberatungsstellen helfen Betroffenen, ihre Schulden zu regulieren. Darüber hinaus werden die persönlichen, familiären und sozialen Lebensumstände in den Blick genommen. Um dies zu gewährleisten, braucht es eine flächendeckende, stabile Finanzierung von Schuldner- und Insolvenzberatung.