„Das Freiwillige Soziale Jahr und der Bundesfreiwilligendienst sind zwei Bereiche, in denen deutlich wird: Freiwilliges Engagement ist eine unserer wichtigsten Ressourcen und fördert die Sozialkultur der ganzen Gesellschaft“, betonte Landesbischöfin Kristina Kühnbaum-Schmidt in ihrem Grußwort. „Menschen, die im Freiwilligendienst und auch ehrenamtlich ihre besonderen Gaben und Fähigkeiten einbringen, geben Diakonie und Kirche neue Impulse, verleihen ihnen noch mehr Offenheit und Beweglichkeit, bringen neue Perspektiven und schenken etwas von sich selbst für Andere. Sie reagieren auf die Not Anderer mit der klaren Aussage: ‚Da bin ja noch ich – da sind ja noch wir.‘ Und schenken so Hoffnung und Mut.“
Dr. Matthias Badenhop, Staatssekretär im Ministerium für Soziales, Gesundheit, Jugend, Familie und Senioren des Landes Schleswig-Holstein, sagte in seinem Grußwort: „Freiwillige soziale Dienste sind ein Dienst an unserer Gesellschaft. Das Engagement der jungen Menschen verdient deshalb meine höchste Anerkennung. Für das Sozialministerium ist es ein zentrales Anliegen, diese Dienste auch zukünftig auf freiwilliger Basis und attraktiv zu gestalten.“
Bei einer anschließenden Podiumsdiskussion tauschten sich Vertreter aus Politik und Diakonie sowie Freiwillige und Schüler über die Zukunft des Freiwilligendienstes aus. Hintergrund war die bundesweit zurückgehende Bereitschaft, sich beim Bundesfreiwilligendienst oder dem Freiwilligen Sozialen Jahr zu engagieren. Zwar ist die Zahl der Freiwilligen bei der Diakonie Schleswig-Holstein bislang stabil, es gestaltet sich allerdings immer schwieriger, junge Menschen für einen Dienst gerade in den Bereichen der Pflege und Behindertenhilfe zu begeistern. Ein Grund ist die hohe Konkurrenz des Ausbildungsmarktes. Zudem beklagen Freiwillige immer wieder die mangelnde gesellschaftliche Wertschätzung.
Der CDU-Landtagsabgeordnete Tobias Loose sprach sich für einen allgemeinen Pflichtdienst aus. „Von einer verpflichtenden Tätigkeit in sozialen, kulturellen oder ökologischen Einrichtungen oder bei der Bundeswehr profitiert unsere ganze Gesellschaft und die jungen Menschen können wertvolle Erfahrungen für ihr ganzes Leben sammeln. Außerdem können wir damit der Personalnot im sozialen Bereich und bei der Bundeswehr begegnen. Dabei ist mir auch der Gedanke wichtig, dass jeder Bürger sowohl Rechte als auch Pflichten hat.“
Aus Sicht von Franziska Triebel, Pflegedienstleiterin im Psychiatrischen Zentrum in Rickling, könnte ein Pflichtdienst tatsächlich dazu beitragen, wieder mehr junge Menschen für ein Engagement in sozialen Einrichtungen zu finden. Vor allem aber sieht sie in der sozialen Arbeit eine wichtige Orientierungshilfe für Jugendliche. „Allerdings befürchte ich, dass im Falle einer Verpflichtung bei vielen Teilnehmenden die richtige Motivation fehlt“, so Triebel. „Diese allerdings brauchen wir dringend für unsere Arbeit.“
Für Anne-Marie Eckardt, Referentin für Freiwilligendienste beim Diakonischen Werk Schleswig-Holstein, ist dies nur ein Argument gegen einen Pflichtdienst. „Hinzu kommt, dass ein Pflichtdienst einen enormen administrativen und finanziellen Aufwand bedeuten würde, sowohl für die öffentliche Hand als auch für die Einrichtungen und Träger. Außerdem würde die inhaltliche Arbeit mit den Freiwilligen sehr schnell an ihre Grenzen stoßen. Darüber hinaus gibt es verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Einführung eines Pflichtdienstes. Wir als Diakonisches Werk setzen deshalb ganz klar auf Freiwilligkeit und es liegt an uns, den Freiwilligendienst so zu verändern, dass wieder mehr junge Menschen sich dafür begeistern können.“
Einigkeit herrschte darüber, dass abgesehen von der Debatte über einen Pflichtdienst der bestehende Freiwilligendienst attraktiver werden muss. Freiwillige aus unterschiedlichen diakonischen Einrichtungen forderten eine größere gesellschaftliche Wertschätzung ihres Einsatzes. Darüber hinaus wurde über die Einführung eines Semestertickets für Freiwillige, die Anerkennung des Freiwilligendienstes als Praktikum bei anschließenden Ausbildungs- oder Studiengängen sowie die Anrechnung bei Wartesemestern zum Beispiel für das Medizinstudium diskutiert.
Vor diesem Hintergrund bedauerte Diakonie-Vorstand Heiko Naß, dass die erst im vergangenem Jahr von Bundesministerin Franziska Giffey angekündigten zusätzlichen Mittel für die Attraktivitätssteigerung des Freiwilligendienstes bereits jetzt wieder begrenzt und für 2020 gänzlich zurückgenommen werden sollen. Er forderte die schleswig-holsteinischen Bundestagsabgeordneten sowie die Landesregierung auf, sich für eine Verstetigung der Mittel einzusetzen.