Inklusion stärken – neue Rechtsberatung für Menschen mit Behinderung

In einer Werkstatt für Menschen mit Behinderung

Mit einer kostenfreien Rechtsberatung möchte die Diakonie Schleswig-Holstein Menschen mit Behinderung unterstützen, ihre Ansprüche auf Assistenz und Teilhabe durchzusetzen. Hintergrund ist ein für die Betroffenen oft unübersichtliches Netz von Gesetzen, Angeboten und Kostenträgern. Deshalb geben Menschen mit Behinderung immer wieder ihre Ansprüche auf und verzichten auf Unterstützungsleistungen. Die Rechtsberatung soll es ihnen und Angehörigen nun ermöglichen, mit Behörden und Kostenträgern auf Augenhöhe zu verhandeln und ihre Rechte zu verdeutlichen. Das Projekt wird von der Aktion Mensch gefördert.

„Gutes Wohnen, eine Arbeit und Teilhabe am sozialen und gesellschaftlichen Leben – all das sind existenzielle Grundlagen für jeden Einzelnen“, sagt Landespastor und Diakonievorstand Heiko Naß. „Viele Menschen mit Behinderung sind immer noch davon ausgeschlossen, auch weil sie ihre rechtlich garantierten Ansprüche gegenüber Behörden und Kostenträgern nicht durchsetzen können. Diese Barrieren müssen wir unbedingt abbauen! Da viele Betroffene und ihre Angehörigen den Weg zum Anwalt auch aus Kostengründen scheuen, möchte die Diakonie ihnen mit rechtlicher Expertise und Beratung zur Seite stehen. Wir sind sehr dankbar, dass die Aktion Mensch das Projekt Rechtsberatung fördert.“

Eigentlich gibt es für Menschen mit Behinderung auch in Schleswig-Holstein ein weitgefächertes Angebot von Assistenz, Unterstützungs- und Teilhabeleistungen. Dazu gehören Wohneinrichtungen, Werkstätten für Menschen mit Behinderung, Mobilitätsangebote oder Pflegeeinrichtungen. Angesichts von verschiedenen Sozialgesetzbüchern etwa zur Teilhabe, Pflege oder Kinder- und Jugendhilfe und entsprechenden Zuständigkeiten bei den Behörden ist es für die Betroffenen aber mit einem erheblichen Aufwand verbunden, für sich das richtige Angebot zu finden und den Anspruch auch durchzusetzen. Hinzu kommt der zunehmende Druck auf die Behörden, Kosten einzusparen. Menschen mit Behinderung laufen daher immer wieder Gefahr zum Beispiel keinen Platz in einer Werkstatt zu bekommen oder im falschen Angebot unzureichend unterstützt zu werden.

Der Rechtsberater der Diakonie Schleswig-Holstein, Erich Kramer, ist genau für diese Menschen niedrigschwellig und kostenlos erreichbar. Als Rechtsanwalt mit 25 Jahren Berufserfahrung kennt er sich gut mit den Sozialgesetzbüchern aus, hat Ansprechpersonen bei den Behörden und Gerichten und verfügt über ein Netzwerk von Anwältinnen und Anwälten. Mit dieser Expertise klärt er Ratsuchende über ihre Ansprüche auf, berät und hilft ihnen bei der Antragsstellung, begleitet sie bei Widerspruchsverfahren und unterstützt bei der Vorbereitung einer Klage oder einem Eilverfahren. Vor Gericht vertreten kann Erich Kramer Betroffene nicht, hier stellt er den Kontakt zu Anwaltskanzleien her. Insgesamt arbeitet er träger- und verbandsübergreifend.

In diesem Jahr hat Erich Kramer bereit 35 Menschen mit Behinderung bzw. ihre Angehörigen beraten. Sie kamen aus ganz Schleswig-Holstein. In einem Fall ging es beispielsweise um einen jungen Erwachsenen, der durch eine Mehrfachbehinderung teilweise herausforderndes Verhalten zeigt. Er benötigte eine Wohneinrichtung mit Mitarbeitenden, die auf diese Art der Behinderung spezialisiert sind. Seine Angehörigen konnten diesen Anspruch gegenüber der zuständigen Behörde aber nicht durchsetzen. Mit Hilfe des Rechtsberaters der Diakonie ist es nun gelungen, den jungen Mann in einer Einrichtung unterzubringen, die eine Eins-zu-eins-Betreuung ermöglicht.

Die Rechtsberatung wird von der Aktion Mensch mit 450.000 Euro gefördert. Das Projekt hat eine Laufzeit von fünf Jahren. 

Die Diakonie ist einer der großen Wohlfahrtsverbände in Schleswig-Holstein mit rund 1.700 Einrichtungen und 48.000 Beschäftigten. Im Zentrum unserer Arbeit stehen Kinder, Jugendliche und Familien, Menschen in Not, Pflegebedürftige, Kranke, Menschen mit Behinderungen sowie Flüchtlinge und Migranten.