Diakonie startet Winternotprogramm

Angesichts sinkender Temperaturen hat die Diakonie in Schleswig-Holstein das landesweite Winternotprogramm für Wohnungslose gestartet. „Wir wollen verhindern, dass Menschen, die auf der Straße leben, bei Frost und Schnee erkranken oder erfrieren“, sagt Landespastor Heiko Naß. „Sie brauchen gerade jetzt unsere besondere Aufmerksamkeit und Zuwendung.“ Das Land Schleswig-Holstein fördert das Winternotprogramm mit 20.000 Euro. Zusätzliche 11.000 Euro steuert die Diakonie Stiftung Schleswig-Holstein bei.

In den Tagestreffs, Beratungsstellen und Notunterkünften für Wohnungslose werden ab sofort wieder Schlafsäcke, warme Kleidung, Socken und festes Schuhwerk verteilt. Daneben hat die Diakonie in Husum bis März eine komplett eingerichtete Wohnung angemietet. Dort können bis zu vier Personen untergebracht werden. Die Stadt Kiel stellt drei beheizbare Container zur Verfügung, die von der Diakonie betreut werden.

Der Hilfsbedarf ist in den vergangenen Jahren stetig gestiegen. Deshalb ergänzt die Diakoniestiftung das Winternotprogramm mit 11.000 Euro. „Die diakonischen Einrichtungen erhalten damit einen größeren finanziellen Spielraum, um Wohnungslose noch besser unterstützen zu können“, sagt Vorstand Bernd Hannemann. „Als Stiftung haben wir die Aufgabe, Menschen in besonderen Notlagen unbürokratisch zu helfen.“

Das Winternotprogramm richtet sich vor allem an Wohnungslose, die „Platte machen“, also nur auf der Straße leben. Sie haben kein festes Dach über dem Kopf und lehnen es ab, in den bestehenden Notunterkünften zu übernachten. „Aus unserer Sicht wäre es zwar besser, wenn diese Menschen die Unterkünfte in Anspruch nehmen“, sagt Landespastor Heiko Naß. „Letztlich muss das aber jeder selbst entscheiden. Wir helfen ihnen, die kalten Nächte unbeschadet zu überstehen.“

Für viele andere Wohnungslose bleiben die diakonischen Notunterkünfte beispielsweise in Kiel, Lübeck, Neumünster, Flensburg und Rendsburg eine wichtige Anlaufadresse. Die Einrichtungen stoßen aber zunehmend an ihre Grenzen. „Bei uns im Bodelschwinghhaus ist der Andrang so groß, dass wir bereits in den Fluren Matratzen auslegen mussten“, berichtet Lutz Regenberg von der Vorwerker Diakonie in Lübeck. Landespastor Heiko Naß versichert aber: „Auch wenn die Notunterkünfte überfüllt sind, keiner wird abgewiesen. Zudem bieten wir Beratung an, um gemeinsam mit den Hilfesuchenden Perspektiven zu entwickeln und die Notlage abzuwenden. Denn kein Mensch lebt freiwillig auf der Straße.“

Eine wesentliche Ursache ist neben den ganz persönlichen Notlagen der Betroffenen der anhaltend hohe Druck auf dem Markt für bezahlbare Wohnungen. Während immer mehr Sozialwohnungen aus der Bindung fallen, wächst gleichzeitig die Zahl der Bedürftigen. Die Diakonie fordert deshalb von der Landesregierung, den Bau von Sozialwohnungen zügig voranzutreiben. „Darüber hinaus sollten dringend zusätzliche Plätze in den Notunterkünften geschaffen und die präventive Beratung weiter gestärkt werden“, so Landespastor Heiko Naß.

In den vergangenen Jahren ist die Zahl der Wohnungslosen und von Wohnungslosigkeit bedrohten Menschen in Schleswig-Holstein stetig gestiegen. 2016 nahmen in Schleswig-Holstein gut 7500 Menschen die Angebote der diakonischen ambulanten Wohnungslosenhilfe in Anspruch. Das waren rund 16 Prozent mehr als 2015. Bei jungen Erwachsenen im Alter von 18 bis 25 Jahren fiel der Anstieg besonders hoch aus. In dieser Gruppe verdoppelte sich die Zahl sogar auf knapp 2300. Besonders angespannt ist die Lage in den Städten Kiel, Lübeck, Flensburg und Neumünster.